27.01.2011

Eisenmangel ?

In der Diskussion um die gesundheitlichen Vorteile von Fleisch als Nahrungsmittel für den Menschen wird immer wieder gern das Argument angeführt:
Pflanzliches Eisen sei deutlich schlechter vom Körper verwertbar als tierisches Eisen.

Nehmen wir mal an, diese Aussage sei korrekt, dann stellen sich doch folgende Fragen:

1. Was bedeutet es tatsächlich, wenn man von besserer Verwertbarkeit spricht?

2. Hat eine "schlechtere" Verwertbarkeit pflanzlichen Eisens eine gesundheitliche Bedeutung für den Menschen? Und wenn ja, ist diese eher negativ oder möglicherweise sogar positiv zu bewerten?


Zu 1.
Von einer guten Verwertbarkeit eines Nährstoffs für den Körper spricht man, wenn er bei der Verdauung gut aufgenommen und verstoffwechselt werden kann. Diese wird auch Bioverfügbarkeit genannt. Ob sie hoch ist, d.h. ein großer Anteil aus der Nahrung aufgenommen werden kann, oder niedrig, hängt zum einen von der Beschaffenheit des Stoffes selbst ab (z.B. können manche Formen von Eisen besser aufgenommen werden als andere) und zum anderen vom Zusammenspiel mit anderen Faktoren (z.B. kann die Aufnahme von Eisen durch Vitamin C erhöht werden).
So ist bei der Resorption von Eisen aus Lebensmitteln beispielsweise sehr wohl relevant, ob der Körper einen hohen Eisenspeicherstatus vorweisen kann oder bereits einen Eisenmangel aufweist. Dieser Status entscheidet nämlich sehr wohl mit darüber, ob das Eisen aus der Nahrung stärker resorbiert wird. Der menschliche Körper verfügt offensichtlich über Mechanismen, die es ihm erlauben, hier aktiv regulierend einzugreifen. Ist der Speicherstatus niedrig, wird die Resorption verbessert.


Zu 2.
Bei der Vegetarier-Studie des Bundesgesundheitsamtes Berlin stellte man Folgendes fest: «Unsere Untersuchungen ergaben niedrigere Eisen- und Hämoglobinwerte bei weiblichen Vegetariern. Klinisch verwertbare Folgerungen konnten daraus jedoch nicht gezogen werden. Zudem tritt in letzter Zeit eine andere Bewertung des sogenannten Eisenmangels in den Vordergrund. Es gibt sogar Wissenschaftler, die niedrigeres Serumeisen für gesundheitlich vorteilhaft halten.»
Die Berliner Studie ist nicht die einzige, die über dieses Thema gemacht wurde. Alle seriös durchgeführten Studien kommen zu einem ähnlichen Ergebnis.
Aus der Arbeit des Instituts für Ernährungswissenschaft der
Justus-Liebig-Universität Giessen kann man entnehmen: «Eisenwerte von Vegetariern liegen durchschnittlich im unteren Normbereich. Da die Standardwerte auf Messungen mit fleischessenden Personen beruhen, wird derzeit diskutiert, ob diese für alle Menschen verbindlich sind. Die Diskussion wird durch die Feststellung belebt, dass Eisenwerte im unteren Normbereich einen gewissen Schutz gegen Infektionskrankheiten und Herzinfarkt bieten.»
Einige Studien gehen sogar noch weiter und sehen einen Zusammenhang zwischen vielen Zivilisationskrankheiten und zuviel Eisen. Dies gilt insbesondere für die Alzheimerkrankheit, da dabei ein abnorm hoher Eisengehalt im Gehirn feststellbar ist.

Dies wiederum korreliert mit der Tatsache, dass Fleisch Eisen in relativ hoher Konzentration enthält und die Alzheimer-Krankheit insbesondere in Ländern mit stetig wachsendem Fleischkonsum (z.B. USA) extreme Zuwachsraten zu verzeichnen hat. Mangels effizienter Ausscheidungsmöglichkeiten des menschlichen Körpers (wie dies bei den anderen Spurenelementen z.B. durch den Urin der Fall ist), kann durch einen hohen Fleischkonsum daher auch der Körper mit einer hohen Eisenkonzentration stark belastet werden.

Die Informations- und Dokumentationsstelle am Institut für Ernährungswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Giessen meint zu den Eisenwerten von Vegetariern: «Untersuchungen mit Vegetariern und Vegetarierinnen ergaben allerdings, dass bei Männern keine und nur bei 17% der Frauen geringe Abweichungen der Serum-Eisenwerte nach unten zu verzeichnen waren. Als mögliche Erklärung wird eine Erhöhung der Resorptionsrate unter Eisenmangelbedingungen genannt. Auch konnten keine Anhaltspunkte gefunden werden, dass der um etwa 10% niedrigere Serum-Eisenspiegel mit irgendwelchen Krankheiten verbunden war. Im Gegenteil: Es steht sogar ein geringeres Infektionsrisiko und eine Verringerung des Herzinfarktrisikos bei Frauen zur Diskussion.[...]»

Fazit:
Es scheint also so zu sein, dass eine potentiell "schlechtere" Verwertbarkeit von Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln für den menschlichen Körper eine tiefere Bedeutung zu haben scheint. Ein zu hoher Eisenspiegel scheint unserer Gesundheit entgegen landläufiger und immer wieder gerne geäußerten Meinungen offensichtlich gar nicht zuträglich zu sein. Zuviel Eisen macht uns krank. Ein geringerer Eisenspiegel im Blut schützt vor Infektionen und verringert das Herzinfarktrisiko. Verkürzt könnte man sogar sagen: Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln ist gesünder!

Quellen:
- Prof. Dr. H. Rottka, Berlin. Beispiel einer Studie die vor zuviel Eisen warnt: Association Between Body Iron Stores and the Risk of Acute Myocardial Infarction in Men
- C. Leitzmann und P. Michel: Alternative Kostformen aus ernährungsphysiologischer Sicht, Akt. Ernährungsmedizin 18
- Kieffer, Felix: Wie Eisen und andere Spurenelemente die menschliche Gesundheit beeinflussen: Eine Neubeurteilung alter Erfahrungen, 1993; nach einem Vortrag, gehalten zur 104. Jahresversammlung der Schweiz. Gesellschaft für Lebensmittel- und Umweltchemie vom 11. September 1992 in Les Diablerets.
- http://www.uni-giessen.de/cms/
- http://www.vebu.de/alt/nv/dv/__Studien_mit_Vegetariern.htm#Eisen
- http://www.vegetarismus.ch/info/17.htm

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